Die Geschichte
Jahrhunderte hindurch ließ man das Abwasser im Boden versickern oder leitete es in fließende Gewässer ab. Die Schmutzstoffe drangen in den Boden ein und verseuchten so das Trinkwasser, das aus Brunnen entnommen wurde. Krankheiten und Epidemien waren die Folge. Erst in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts gelangte man zu der Erkenntnis, dass zwischen versickertem Abwasser und Städtehygiene ein enger Zusammenhang besteht. Der systematische Ausbau von Entwässerungsnetzen begann.
1836 - 1900 Kanalisation in Ulm
In Ulm wurde das Abwasser aus Privathäusern und Gewerbebetrieben bis in das 19. Jahrhundert einfach auf die Straße gegossen, wo es sich in offenen Abwasserrinnen sammelte. Von dort wurde das Wasser meistens in Donau oder Blau geleitet. Die Fäkalien der Ulmer Bürger landeten in der Regel in größeren gemauerten Zisternen – auch Kloaken oder Gruben genannt – die in größeren Zeitabständen geleert werden mussten.
Ab 1836 begann die Stadt Ulm mit dem Bau zahlreicher überdeckter Kanäle (auch Dolen genannt), die in Donau und der Blau mündeten. Bis 1900 wurde der allergrößte Teil der Stadt an das Kanalnetz angeschlossen. Fäkalien mussten jedoch weiterhin über die Kloaken entsorgt werden, was dank des technischen Fortschritts jener Jahre zunehmend maschinell erfolgte. »Pfuhler Artillerie« war in jenen Jahren die in Ulm gängige Bezeichnung für die Pfuhler Entleerungswagen, die optisch an Geschützwagen erinnerten.
1873 Spülklosett
Die Einrichtung der zentralen Wasserversorgung im Jahre 1873 brachte es mit sich, dass in den Ulmer Haushalten das fortschrittliche »Spülklosett« Einzug hielt. Dies wiederum machte den Bau einer dafür geeigneten Schwemmkanalisation nötig, welche für solch große Abwassermengen ausgelegt sein musste.
1910 Ulmer Gruben
Im Jahr 1910 erhielt die Stadt die Auflage zum Bau einer Kläranlage. Bis zu deren Erstellung musste eine Vorklärung in Hauskläranlagen, den sogenannten »Ulmer Gruben«, erfolgen. In den Hauskläranlagen setzten sich die feste Stoffe ab und wurden in Gruben gespeichert. Die flüssigen Bestandteile flossen als Abwasser in das Ulmer Kanalnetz, welches es in die Donau oder in die Blau leitete.
1912 Kanalisation in Neu-Ulm
Die junge Stadt Neu-Ulm war in der glücklichen Lage, die neuesten technischen Erkenntnisse und Entwicklungen über den Bau und Betrieb einer Kanalisation nutzen zu können. 1900 erhielt sie eine zentrale Wasserversorgung und ab 1912 waren Oststadt und Stadtmitte kanalisiert.
Vor der Einleitung der Abwässer in die Donau sollte zumindest eine mechanische Klärung erfolgen. Im Jahr 1912 wurde die Stadt nachdrücklich zur Errichtung einer Kläranlage ermahnt. Durch die beiden Weltkriege dauerte es aber noch Jahrzehnte, bis eine gemeinsame Kläranlage der Städte Ulm und Neu-Ulm Wirklichkeit wurde.
1930 Hauptsammelkanal in Ulm
Mitte der 1930er Jahre war die Ulmer Kanalisation durch den Bau von Hauptsammelkanälen in der Lage, das gesamte Abwasser aus der Stadt zusammenzufassen und erst unterhalb der Ulmer Friedrichsau in die Donau zu leiten.
1954 Entscheidung für die Kläranlage Steinhäule
Erst mit dem Bau des Donaukraftwerks »Böfinger Halde« ergaben sich für die Städte Ulm und Neu-Ulm klare Vorstellungen zum Bau einer gemeinsamen Kläranlage. Durch die Lage des Kraftwerks wurde mit Hilfe des neuen Abwasserkanals ein Betrieb mit natürlichem Gefälle möglich. So kam es zu dem für die Entwicklung der beiden Städte so günstigen Standort im »Steinhäule«.
1957 Die erste gemeinsame Kläranlage
1957 ging – nach zweijähriger Bauzeit – die gemeinsame mechanische Sammelkläranlage mit 242.000 Einwohnerwerten (EW) in Betrieb.
1973 Biologische Reinigungsstufe und Klärschlammbehandlung
Aus Gründen des Gewässerschutzes wird die mechanische Kläranlage im Jahre 1973 durch den biologischen Klärwerksteil umfassend erweitert. Die Reinigungsleistung kann dadurch von 25 % auf rund 90 % gesteigert werden.
Zur umweltfreundlichen Beseitigung der in den mechanischen und den biologischen Reinigungsstufen zurückgehaltenen festen Rückstände in Form von Klärschlamm wird 1973 eine Anlage zur Entwässerung und Verbrennung von Klärschlamm gebaut.
1977 - 1980 Kapazitätserweiterungen
Bevölkerungsentwicklung und wirtschaftliche Entwicklung führen zu einer Kapazitätserweiterung der biologischen Reinigungsstufe auf nunmehr 330.000 Einwohnerwerte (EW) durch den Bau von zusätzlichen Belebungs- und Nachklärbecken.
1984 Gründung des Zweckverbands
Durch die Stilllegung von Kleinkläranlagen und den Anschluss von weiteren Stadtteilen sowie der Illertal-, Blautal- und Weihungstalgemeinden wird das Einzugsgebiet des Klärwerks ständig größer. Dies führt im Jahr 1984 zur Gründung des »Zweckverbands Klärwerk Steinhäule«, der seither Träger der Anlage ist und dem heute 11 Verbandsmitglieder angehören.
1985 - 1988 Bau Gebläsestation und Installation von Turboverdichtern
Der in der biologischen Reinigungsstufe von den Mikroorganismen benötigte Sauerstoff wird nun mit Hilfe einer Druckbelüftung ins Belebungsbecken eingetragen. Vier neue Turboverdichter verbessern die Belüftung der Belebungsbecken über sogenannte Dome. Dank diesem Verfahren steigt die Reinigungsleistung auf 95 %.
1989 - 1993 Kapazitätserweiterungen
Nochmalige Erweiterung der biologischen Reinigungsstufe für eine auf 440.000 Einwohnerwerte (EW) ausgelegte Reinigungsleistung. Zudem wird eine chemische Reinigung zur Phosphorelimination in Betrieb genommen. Diese ermöglicht eine Entfernung von Phosphat (über 90 %) aus dem Kreislauf.
1994 - 1997 Kapazitätserweiterungen und Rauchgasreinigung
Eine zweite Reinigungsstraße wird gebaut, was Umbau- und Neubaumaßnahmen am Abwasserverteilsystem innerhalb der Kläranlage nötig macht.
Die Klärschlammverbrennungsanlage erhält eine neue Rauchgasreinigungsstufe zum besseren Emissionsschutz.
1999 - 2000 Umbau Mechanische Reinigungsstufe
Die mechanische Reinigungsstufe wird grundlegend modernisiert: Neubau der Rechen-, Sandfang- und Fettfanganlagen.
2000 - 2005 Erweiterungen
Das Klärwerk wird um ein weiteres Nachklärbecken und ein Hochwasserpumpwerk erweitert. Die Denitrifikationsanlage und die biologische Phosphorelimination werden erneuert.
2001 Versuchsanlage
Am Standort entsteht eine Versuchsanlage zur Entnahme von Spurenstoffen.
2010 Adsorptive Reinigungsstufe
Seit 2010 findet der Bau und die Inbetriebnahme der Adsorptiven Reinigungsstufe statt. Damit ist es möglich bis zu 80% der Medikamente und anderer Spurenstoffe aus dem Abwasser zu entfernen.